Aeh und Da – Bewusstsein förderndes Laos

Aeh und Da – Bewusstsein förderndes Laos

Nun bin ich schon fünf Wochen in Thailand und Laos unterwegs und habe verschiedene Seiten von mir neu entdeckt. Das Velofahren zum Beispiel: Obwohl ich als Kind ins Velofahren vernarrt war, habe ich diese Leidenschaft in den letzten vierzig Jahren ignoriert, ja verdrängt. Nun kurve ich wieder mit Leichtigkeit und Freude durch Städte und Dörfer – überall, wo ich hinkomme, wird als Erstes ein Velo gemietet!

Mit dieser positiven Erkenntnis im Rucksack kam ich auf meiner Reise durch Laos nach Vang Vieng. Dieses Städtchen wird zwar vorwiegend von jugendlichen Backpackern und alternativen (aber nicht minder trinkfesten) Partypeople aus Korea, Europa und Australien besucht – mit den entsprechend negativen Nebenwirkungen. Trotzdem sind Landschaft und Natur unberührt, muten paradiesisch an.

Bild13Beliebt beim trinkfesten Partyvolk: Vang Vieng in Laos

Da ich durch das Velofahren meinen Bewegungsdrang wieder entdeckt hatte, beschloss ich, die landschaftlichen Schönheiten per Kajak zu erkunden. 25 Kilometer – eine lange Strecke! Aber flussabwärts wohl keine grosse Sache… Wie es der Zufall so will, war ich der einzige, der an diesem Tag die Tour gebucht hatte. Mein Tourguide – eigentlich heisst er Silikong – ist in Vang Vieng als Aeh und in Vientiane als Kong bekannt. Weshalb sich in Laos die Nicknames je nach Ort unterscheiden, ist mir bis heute schleierhaft.

Wir fuhren mit einem Pickup rund 25 Kilometer flussaufwärts zum Abfahrtsort. Nach einer kurzen Einführung bestieg ich mit Aeh das Gefährt und stellte fest, dass sich Kunststoff sehr hart anfühlen kann. Nach fünf Minuten tat mir schon alles weh – die Oberschenkelmuskeln übersäuert, Schultern und Oberarme fast taub. Ich dachte ans Aufgeben, überwand dann meinen inneren Schweinehund. Ich wollte mir ja gegenüber meinem 22-jährigen Tourguide keine Blösse geben. Zum Glück begann bald der Genuss: Wir waren als einzige unterwegs – die prächtige Landschaft zog an uns vorbei.

Bild2Die Anstrengung lohnt sich, die Aussicht ist prächtig

Aehs geübtes Auge sah Dinge, die ich nicht auf Anhieb entdeckte. Zum Beispiel harmlose Wasserschlangen, die sich in Ästen an den Ufern an der Sonne räkelten. Erfolglos versuchte Aeh die eine oder andere einzufangen, um sie – wie er sagte – abends in einer sehr schmackhaften Suppe zu verarbeiten. Zum Lunch hielten wir in einem Dörfchen am Ufer mit einer sehr schönen Grotte, die – wie oft in Asien – Buddha gewidmet ist.

Bild7Pouletspiesschen und Baguette

Aeh bereitete am offenen Feuer Pouletspiesschen zu, die ich mit Heisshunger und einem Baguette verschlang. Ja, dass die Franzosen Laos kolonialisiert hatten merkt man heute noch unter anderem dadurch, dass Baguettes, Käse und Wein die ausgezeichnete lokale Küche perfekt ergänzen. Beim Essen gesellte sich Da zu uns (sie heisst eigentlich Sauda). Aeh bezeichnete sie als Schwester. Sie ist jedoch eine sehr gute Freundin, die als lokale Reiseführerin mit einem Bus und einer Gruppe Koreaner unterwegs war. Da ich ein paar Tage später in Vientiane sein wollte schlug ich ihr vor, mir dann die Stadt zu zeigen.

Am Nachmittag nahmen wir den zweiten Abschnitt unserer anstrengenden, wunderschönen und abwechslungsreichen Kajak-Fahrt in Angriff. Aeh nutzte die Zeit, von sich zu erzählen. Seine für laotische Verhältnisse ausgezeichneten Englischkenntnisse verdankt er einem englischen Professor, der sich vor Jahren in der Gegend niedergelassen und ihm unter anderem ein Lexikon geschenkt hatte. In hartnäckigem Selbststudium hat er im Laufe der Jahre seine Englischkenntnisse stetig verbessert. Dadurch konnte er im Tourismusgeschäft einsteigen und sich ein regelmässiges Einkommen sichern. Die Hälfte davon gibt er seinen Eltern, die sehr hart arbeiten und immer für ihn und seine zwei kleine Schwestern da waren.

Bild12Mein Tourguide: Silikong alias Aeh alias Kong

Nebst einem Häuschen und Heiraten wünscht sich Aeh für die Zukunft den Aufstieg zum „richtigen“ lokalen Reiseführer. Diese Stellen sind begehrt und versprechen ein besseres Einkommen und einen gewissen Wohlstand. Seine Freundin wohnt in einem Dorf, welches in der Trockenzeit fünf, in der Regenzeit sieben Stunden von Vang Vieng entfernt ist. Deshalb kann er sie nur einmal in Monat besuchen und sehen. Heiraten will er noch nicht, der Erwerb eines Motorrades hat im Moment Vorrang. Überhaupt werde in Laos  relativ spät geheiratet. Männer seien um die dreissig, Frauen um die fünfundzwanzig Jahre alt.

Trotz Muskelschmerzen, Gesäss und Oberarme, die ich nicht mehr fühlte und einer durchnässten Kleidung erreichten wir nach ca. sieben  Stunden unser Ziel. Meine einzige Sorge war, ob und wie „elegant“ ich aus dem Kajak entsteigen konnte, ohne mich dem Gelächter der anwesenden Einheimischen auszusetzen. Ich stand nun am Ufer, verabredete mich mit Aeh für einen Drink am späteren Abend in der hippen Sakura-Bar, packte mein Velo und fuhr mit unsäglichen Muskelschmerzen los  (natürlich biss ich auf die Zähne, damit man es mir nicht ansehen konnte). Ich war stolz, dass ich es geschafft hatte. Und erfüllt von dieser einmalig schönen Flussfahrt und den unvergesslichen Bildern. Zudem glücklich, einen lieben und interessanten laotischen Freund – eben Aeh, Kong oder Silikong – kennengelernt zu haben!

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