Asiatische Eigenheiten

Asiatische Eigenheiten

Ich geniesse nun schon seit zehn Tagen die Ruhe, die Schönheit und den unaufgeregten Lebensrythmus von Koh Yao, einer kleinen Insel im Meeresarm der Andamanen. Es ist die letzte Etappe meiner mehr als dreimonatigen Asien-Reise. Meine Erwartungen wurden mehr als erfüllt. Ich habe viel erlebt, viele interessante Menschen kennengelernt aber vor allem war es eine Reise ins Ich. Die letzten Jahre waren vor allem der Arbeit gewidmet. Meine ganze Kraft und Konzentration fokussierte sich auf sie. Nun also dieses für mich erstmalige Erlebnis einer langen Auszeit; mit schönen, bereichernden aber auch zum Nachdenken anregenden Erfahrungen – voller Erkenntnissen und Aha-Erlebnissen.

Strandferien zum AbschlussZum Abschluss seiner Reise erholt sich Gianni auf Koh Yao

Mein Abschlussbericht soll nicht eine Zusammenfassung des Erlebten oder gar eine Hitparade der besuchten Stätten sein (was ich sowieso doof finde, hat doch jeder besuchte Ort seinen Reiz und eine persönliche Geschichte). Es gibt teils lustige, teils skurrile Verhaltensweisen oder Eigenheiten der Asiaten, auf die ich heute eingehen will. Natürlich pauschalisiere ich dabei zu Unrecht und natürlich verhalten sich nicht alle wie von mir nachstehend beschrieben – aber doch auffällig viele.

Bei meinen bisherigen, eher kürzeren Reisen durch Asien erschienen mir die Asiaten oft als Buch mit sieben Siegeln – äusserlich sehr gefasst, anständig und freundlich. Ich hatte immer den Eindruck, dass sich hinter der Fassade viel mehr verbirgt, das sie nicht einfach preisgeben wollen. Was mich nun auf dieser Reise vor allem überrascht hat ist die Lebensfreude, die Lust am Lachen und am Feste feiern und an gemeinschaftlichen Erlebnissen unter Freunden. Ja, sie haben einen anderen Humor, stehen eher auf die brachiale Variante, sind z.B. schadenfroh und können bei einem Missgeschick eines Anderen fast in die Hosen pinkeln. Aber sie verhalten sich dabei niemals verletzend, sie geniessen einfach die Situationskomik auf eine fast kindlich naive Art.

Ein weiterer Ausdruck ihrer Lebensfreude ist das für uns Europäer eher verpönte Karaoke-Singen. Unabhängig davon, ob man in Vietnam, Laos oder Thailand ist: Karaoke ist äusserst beliebt. In der hintersten Ecke auf dem Land findet sich eine Bar mit der entsprechenden Einrichtung. Und diese wird sehr rege benutzt. Da haben sie keine Hemmungen, mit Leidenschaft (aber meistens falsch) drauflos zu singen und haben grosses Vergnügen daran, die Stars des Thai-Pops nachzuahmen.

Markenartikel zeigen, das man Geld hatWer Geld hat, zeigt dies mit mit dem Tragen von „Markenartikeln“

Wenn es einem in Indochina gut geht, dann wird es auch gezeigt. Keine Spur von zwinglianischer Zurückhaltung. Das äussert sich im Alltag unter anderem auch in einem stark ausgeprägten Markenbewusstsein – durch alle gesellschaftlichen Schichten. Dass dabei meistens Kopien der weltweit bekannten Brands zum Einsatz kommen stört nicht wirklich. Diese „Markensucht“ erfasst alle Bereiche des täglichen Lebens, bis hin zum weit verbreiteten Mundschutz, welcher vor allem beim Motorradfahren getragen wird. Auch diese kann man in den lokalen Märkten mit dem Lieblingsbrand erstehen: Louis Vuitton, Burberry, Pierre Cardin – was das Herz begehrt…

Dass wir Menschen widersprüchlich sein können ist nicht neu, meistens nach dem Prinzip „und was er will, das hat er nicht und was er hat, das will er nicht“. Das Schönheitsideal differiert in Asien stark von unserem. Unternehmen wir „Westler“ in den Ferien sehr viel, um mit gebräuntem Teint ein sichtbares Zeichen für eine gelungene Reise zu setzen, verhält es sich hier in Asien gerade umgekehrt.

Die gleichen Kosmetikfirmen, die uns in Europa alle möglichen Bräunungsmittel verkaufen, machen in Asien ihr Glück und das grosse Geld mit Lotionen, Kuren und Crèmes zur Aufhellung der Haut. Je bleicher, je „weisser“, desto besser. Darum sehen die meisten, die diese Mittel anwenden eher komisch aus, da das Gesicht viel heller ist als die restliche, sichtbare Haut (wie wir, wenn wir im umgekehrten Fall Selbstbräunungscrème im Gesicht auftragen und den Hals vergessen).

Bleiche Haut ist ein Zeichen von WohlstandAndere Länder, andere Schönheitsideale

Am Strand laufen einige Damen (vielfach Touristinnen aus Südkorea) in unmöglichen „Ganzkörperkondomen“ und riesigen Hüten herum, damit ja kein Sonnenstrahl zur zarten Haut durchkommt. Ein dunkler Teint ist hier auch darum verpönt, weil er ein Zeichen dafür ist, dass man an der frischen Luft arbeitet – also einen „einfachen“ Beruf ausübt. Eigenartig ist auch, dass so viele junge Mädchen Zahnspangen tragen. Es war mir nie aufgefallen, dass die Menschen hier mehr zu korrigierende Zahnstellungen hätten als wir. Bis mir Da – meine laotische Reiseführerin – erzählte, dass viele Mädchen die Spangen als „Dekoration“ tragen, weil es ihnen gefällt… Eben – die Geschmäcker und Vorlieben sind offensichtlich verschieden!

Eine weitere kleine Macke ist der verbreitete Gebrauch des Vicks Inhalierstiftes. Vor allem die Jungen scheinen richtiggehend süchtig danach zu sein, den erfrischenden Geruch des Stiftes regelmässig durch die Nase zu ziehen. Ob das Vergnügen des mentholgeschwängerten Duftes oder das kurzfristig bessere Atmen durch die Nase im Vordergrund stehen, bleibt dahingestellt. Was wir nur bei schweren Erkältungen einsetzen ist hier so populär wie bei uns z.B. Fisherman’s Friend Pastillen.

Vicks Inhalierstift

Ich könnte noch viele weitere Beispiele nennen. Es geht mir aber zum Schluss dieser Asienreihe vor allem darum festzuhalten, wie bereichernd die Verschiedenheit der Vorlieben und Geschmäcker auf dieser Welt ist. Dies trotz der zunehmenden Globalisierung und der weltweiten, gleichzeitigen Vermarktung der gleichen Produkte von Megabrands.

Diese Unterschiede sind der Grund, weshalb das Reisen nach wie vor attraktiv und erstrebenswert ist. Reisen machen uns immer wieder klar, wie reich unsere Welt ist. Und wie die jeweilige Optik das jeweilige Weltbild prägt. Wenn man beispielsweise in Thailand die Tagesschau verfolgt (im englisch gesprochenen Kanal), dann wird oft im Hintergrund eine Karte mit dem asiatischen Kontinent, Australien und die Westküste Amerikas eingeblendet. Europa sieht man höchstens am linken, äusseren Rand. Entsprechend schaffen nur wirkliche Top-Nachrichten aus Europa eine Erwähnung. Und spätestens dann merkt man, dass Europa und natürlich auch die Schweiz nicht der Mittelpunkt der Erde sind.

Blog_Gianni_MoccettiAm Ende der Asienreise: Gianni Moccetti

Ich freue mich schon heute auf möglichst viele weitere Reisen, viele Begegnungen und viele Erlebnisse bei nächsten Projekten. Wenn es soweit ist, dann melde ich mich wieder mit meinen Berichten auf diesem Blog. Bis es soweit ist, könnt ihr hier noch alle meine Beiträge von der Asienreise nachlesen.

8 responses to Asiatische Eigenheiten

  • Ursula Schneider sagt:

    danke tausendmal für all Deine schönen Berichte. Schade ist Deine Reise schon am Ende hat sie bei mir doch soviele Erinnerungen wieder wach gerufen. Dir wünsche ich ein gutes nach Hause kommen und noch uh viele weitere Reisen

  • Tata sagt:

    Tutto ha una fine

  • Ui sagt:

    Hoi Liäbä! Ich wünschti Dir, dass Du no viiiel länger chönntscht go Entdeckä…ich freu mi aber au, Dich bald wieder i dä Schwiiz zxeh!…juhui dä Früehlig chunnt. Liäbs Grüessli, Ui

  • Dominik sagt:

    Danke Gianni für Deine „Einsichten“, Ansichten und Weisheiten.
    Wäre schön wenn mehr Menschen so würden.

  • patrick blum sagt:

    hi Gianni
    obwohl ich mich wiederhole, muss ich einfach noch einmal sagen wie hoch mich deine kunst als author beeindruckt.
    sehr gut geschrieben.
    liebe gruesse
    patrick

  • Brasser Gianpi sagt:

    Caro Amico mit deinen tief gehenden Beiträgen hast du mir viel Freude gemacht und mich zum Nachdenken und Erinnern gebracht aber vor allem haben sie mich immer an unsere Lunches erinnert. Ich freue mich, dass du das alles erleben konntest aber auch darauf, bald wieder mit dir zu plaudern. Es gibt viel zu erzählen. Have a safe trip back. A presto Gianpi

  • Silvio sagt:

    Hei lieber Gianni
    Ich habe mit Vergnügen deine „Gschichtli“ gelesen und mir scheint, das Du wieder zu deinen Wurzeln zurück gefunden hast. Das ist der Gianni, den ich vor nun doch schon bald 40(!) Jahren in Tunesien Hammamet kennen gelernt habe, in deinem ersten Auslandjahr als Reiseleiter. Neugierig, offen, kompetent und immer mit positiver Einstellung hast Du mir dazumal Tunesien näher gebracht. Vielen Dank.

  • Plinio sagt:

    Hi Gianni
    molto interessanti i Tuoi racconti del viaggio in Asia e veramente bello e costruttivo il Tuo resoconto alla fine d’un viaggio certamente molto particolare. Grazie!

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