Meine Lieblingswanderung auf Kreta
Immer das Meer vor Augen: Auf dieser wildromantischen Wanderung im Südwesten Kretas von der Tripiti-Schlucht zur Kapelle des Propheten Elias und dann nach Sougia taucht man so richtig in die Farben und das Licht des Südens ein. Grossartige Weitblicke und ein Bad im Meer belohnen die Anstrengungen.
Kapitän Yannis schippert uns für 10 Euro in knapp 40 Minuten von Sougia zum Ausgang der Tripiti-Schlucht, dem Startpunkt der Wanderung. Vom Schiff aus versuchen wir den Pfad auszumachen, auf dem wir bald das zerklüftete Gelände durchwandern werden.
Die romantische Bucht von Tripiti
In der romantischen Bucht von Tripiti ragen beidseits steile Felsen auf. Wir folgen rund fünf Minuten dem Bachbett aufwärts. Dann zweigt der markierte Weg links ab und führt uns steil hinauf zum Sattel des Kap Tripiti. An einigen Stellen ist Trittsicherheit gefragt. Der Schotter ist manchmal rutschig, aber schon bald sind die steilsten Wegstücke passiert. Weiter geht es nun in angenehmen Kehren stetig aufwärts.
Immer wieder bleiben wir stehen, gönnen uns eine Verschnaufpause und geniessen die Aussicht. Der Blick zurück ist atemberaubend.
Nach gut 50 Minuten machen wir vor uns die Ruinen der Venezianischen Festung Tripiti aus, die später auch von den Türken benutzt wurde.
Die Festung liegt strategisch günstig auf einem kleinen Pass. Dort angekommen erblicken wir schon den Weg, der uns später auf der anderen Seite hinunter Richtung Sougia führen wird. Doch zuerst wollen wir noch den Abstecher zur Kapelle des Propheten Ilias auf dem Kap Tripiti unter die Füsse nehmen. Hin und zurück dauert das etwa eine halbe Stunde. Wir folgen dem Pfad links, gleich unterhalb der Festung, der sich weiter kontinuierlich aufwärts schlängelt. In einem kleinen Wäldchen geniessen wir den kühlenden Schatten.
Zum Kap hin wird die Vegetation wieder karger, und nach einer letzten Wegbiegung eröffnet sich erneut die weite Aussicht über das Lybische Meer. Die paar Meter hinauf zur Wallfahrtskapelle Profitis Ilias sind keine Mühe mehr. Auf dem gewellten Dach der Kapelle, das zur Sammlung von Regenwasser dient, das dann in eine kleine Zisterne geleitet wird, kann man mit grandiosem Ausblick rasten.
Erholt machen wir uns nun an den langen Abstieg nach Sougia. Zuerst geht es auf dem schon bekannten Weg zurück zur Festung. Die Vegetation ist karg. Niedere Dornbüsche, Thymian und Bibernellen bilden ein dichtes, stacheliges Polster. Plötzlich entdecken wir einen grossen, prächtig blühenden Oleander, das Zeichen für Wasser.
Und wirklich: eine kleine Quelle spendet uns wohltuende Erfrischung. Nun geht es weiter unter Kiefern, Steineichen und den hier verbreiteten Terpentin-Pistazien. Das helle Grün der Kiefern, das etwas dunklere der mediterranen Laubbäume, unter uns das türkisblaue und azurfarbene Meer und die hellen und rötlichen Kalkfelsen bieten ein wunderbares Farbenspiel.
In kontinuierlichem Auf und Ab folgen wir hoch über dem Meer dem Weg in westlicher Richtung. Immer neue Ausblicke lassen staunen. Der Duft der Nadelhölzer und die Farbenpracht sind betörend. Mehrmals queren wir kleinere Geröllhalden.
Weit unten erblicken wir die auf flachen Felsen direkt am Meer liegende Kapelle Agios Antonios. Wir bleiben auf unserem Weg, gut 150 Meter über Meereshöhe und lassen uns von freilaufenden Ziegen neugierig beäugen.
Nach einer weiteren halben Stunde senkt sich der Weg in die Keratidieas-Schlucht, wo wir ein paar Minuten lang dem Bachbett aufwärts folgen. Danach führt der Weg im Zick-Zack aus der Schlucht hinaus. Hier sieht man gut, dass wir auf einem alten Verbindungspfad zwischen den Dörfern Südwestkretas wandern. Er ist kunstvoll angelegt und war früher für die Hirten eine wichtige Verbindungsader. Heute freuen wir Wanderer uns daran.
Nach diesem letzten längeren Anstieg erreichen wir einen Geländesattel. Ein paar grosse, mit einem Steinmäuerchen umfasste Kiefern bilden einen idealen Rastplatz. Im April und Anfangs Mai sind hier Orchideen zu entdecken. Nach rechts zweigt der markierte Weg zur Höhle des Zyklopen Polyphimos ab. Doch wir bleiben auf unserem Pfad. Das nun folgende Wegstück ist der Sonne voll ausgesetzt, und es ist sehr heiss. Der Weg führt durch niedere Sträucher, die bei Berührung wohlriechenden Thymianduft verströmen.
Ein letzter kurzer Anstieg und schon stehen wir auf der Schotterstrasse, die uns nach Sougia hinunterführt. Mit müden Beinen steuern wir in Sougia den langen Strand an und geniessen endlich das herrlich erfrischende Bad im Meer.
Die Wanderung
Ausgangspunkt der Wanderung ist Sougia. Schiffer Yannis fährt in der Saison täglich um 8.30 Uhr ab Sougia nach Tripiti. Reine Wanderzeit Tripiti Schlucht – Kapelle des Profeten Elias – Sougi rund 4 Stunden. Ca 650 Höhenmeter im Auf- und 600 im Abstieg. Genügend Wasser mitnehmen!
Die Expertin
Monika Hächler ist Geografin und Reiseleiterin bei Baumeler Reisen. Sie lebt und arbeitet mehrere Monate im Jahr auf Kreta und durchstreift die Insel am liebsten zu Fuss. Besonders angetan hat es ihr Kretas Südwesten. Die beschriebene Wanderung ist nicht Teil des normalen Programms, dafür aber andere, etwas einfachere Panoramawanderungen hoch über dem Lybischen Meer.