Südstaaten Groove und Jazz in New Orleans: French Quarter, Mississippi Dampfer und Alligatoren, wir kommen!

Die Südstaaten der USA standen schon lange auf meiner Bucketlist. Als Musikbegeisterte wollte ich eine Reise durch alle möglichen Stilrichtungen machen: Von New Orleans in Louisiana als Geburtsort des Jazz über Memphis/Tennessee mit seinen Bluesbars und Elvis’ Graceland als Heimat des Rock’n’Roll bis nach Nashville, wo zahlreiche (nicht nur Country-) Stars ihre ersten Auftritte hatten. Immer dem Sound nach also – wir starten in New Orleans (das übrigens auf dem «Or» betont wird, und nicht auf dem «leans»…)

Vielfältiges New Orleans: Top Ten Things to do
«The Big Easy» wird New Orleans genannt, 1718 gegründet war sie lange Zeit bekannt als die Stadt des Jazz und der lockeren Sitten. Strategisch günstig am Mississippi gelegen, war sie schon immer Dreh- und Angelpunkt und ein absoluter Schmelztiegel der Nationen. Alkohol, Prostitution und Glücksspiel florierten in den Bordellen und Saloons. Anfang des 20. Jahrhunderts vermischten sich die Stile aus afrikanischer und karibischer Sklavenmusik, die Blasmusik des Sezessionskriegs, Spirituals, die Kirchenmusik der Farbigen und Arbeiterlieder zu einer neuen Stilrichtung: der Jazz war geboren. Ebenso entwickelten sich die Brass Bands, die zur Strassenmusik und den Umzügen wie dem weltbekannten «Mardi Gras», dem Karneval von New Orleans, gehören.


Die reiche Vergangenheit von New Orleans spiegelt sich im Stadtbild wider. Hier der Jackson Square mit der St. Louis Cathedral in New Orleans, und eine Strasse mit farbigen, zweistöckigen Häusern neben Hochhäusern.
Auch heute und auch nach Hurrikan Katrina ist die Stadt quicklebendig und bietet wahnsinnig viel zu tun! Hier sind zehn Tipps:
1. „Let the good times roll“ – im French Quarter
«Laissez les bons temps rouler» ist das Motto von New Orleans. Im French Quarter mit den schmucken, bunten Häuschen mit schmiedeeisernen Balkonen, wuchernden Farnen und Blumen und pittoresken Innenhöfen ist es auch heute noch zu spüren. Nicht nur zum Mardi Gras, dem legendären Karneval New Orleans, herrscht hier ausgelassene Stimmung. Die Bars und Restaurants überbieten sich bei der Lautstärke ihrer Live-Konzerte. Durch die offenen Fenster und Türen kann man einen Blick auf die Künstler*innen erhaschen. Besonders in der berühmtesten Amüsiermeile, der Bourbon Street, im Herzen des French Quarter, versteht man im Getümmel der Partygänger sein eigenes Wort nicht. Ballermann in New Orleans, einfach mit besserer Musik.

2. Jazzgrössen in legendären Bars hören
Flüchten oder eintreten und eine Session hören, ist die Devise. Zum Beispiel in der legendären, im Tageslicht recht runtergekommen wirkenden Preservation Hall, vor denen sich nachts jedoch lange Schlangen von Konzertgängern bilden. Sie ist eine der seltenen Orte, an denen auch in den grausamen Zeiten der Rassentrennung Farbige und Weisse gemeinsam Musik machten und hörten. Die Gründer Alan und Sandra Jaffe engagierten sich in der Bürgerrechtsbewegung des Südens und wurden mehrmals von der Polizei festgenommen.

3. Kreolische und Cajun-Küche geniessen
Wer die pikante, reichhaltige Mischung aus französischer, spanischer, afrikanischer und karibischer Küche mag, ist in New Orleans im 7. Himmel. Cajun Food mit Gumbo, ein Suppentopf aus Seafood, Hühnchen und Gemüse, Jambalaya, eine Art Paella, oder Po-boys, belegte Baguettes mit Austern oder Shrimps, lassen sich überall finden – vom Sternerestaurant bis zum Schnellimbiss.
Super Brunch mit klassischen kreolischen und Cajun-Gerichten zu Live-Jazz-Musik im wunderbar bewachsenen Innenhof gibt’s im The Court of Two Sisters, dem ehemaligen Kurzwarenladen der Schwestern Emma und Bertha.

4. Uptown durch den idyllischen Garden District flanieren
Wer noch mehr Ruhe sucht, besucht in Uptown den Garden District. Hier liessen sich die Plantagenbesitzer ab 1840 nieder und zeigten ihren Reichtum aus Baumwolle und Handel – «deep south» pur. Am besten kommt man mit der historischen Strassenbahn St. Charles hin – schon die Fahrt ist ein Erlebnis. Mit offenen Fenstern rattert man über grasbewachsene Trassen die St. Charles Avenue entlang.
Einmal quer durch das pittoreske Quartier geht es vorbei an herrlichen teils heruntergekommen, teils aufwändig renovierten Antebellum-Villen und riesigen, moosbehangenen, fast 200-jährigen Eichen. Lasst Euch durch das Viertel treiben und staunt über Vegetation und Architektur: auf der parallel zur St. Charles Avenue verlaufenden Magazine Street mit hübschen Boutiquen, hippen Cafés und Hotels bis zum Audubon Zoo im gleichnamigen Park.




Ganz viel Grün und tolle Villen gibt’s im Garden District zu entdecken.
5. Die Stadt per Strassenbahn erkunden
Nicht nur den Garden District, generell kann man New Orleans bequem mit der Strassenbahn, den «Streetcars» erkunden – und das super günstig für aktuell gerade mal 3 USD pro Tag mit dem Jazzy Pass! Vier verschiedene Linien, die alle in der Innenstadt beginnen, führen auch an Orte, die man sonst vielleicht nicht zu Gesicht bekommen würde. Ein Muss für Fans von historischem «Rollmaterial», wie die Schweizer sagen!

6. Sundowner auf einem Mississippi-Dampfer geniessen
Was wäre New Orleans ohne den Mississippi? Und was ein New Orleans-Besuch ohne eine Fahrt mit einem Raddampfer auf dem «Ol’ Man River»? Was nach Touristenfalle klang, entpuppte sich als echtes Highlight. Auch hier wird feines, lokales Essen serviert, bevor man auf dem Deck beim Sundowner und Live-Jazz lauschend die Silhouette der Stadt an sich vorbeiziehen lässt. Die New Orleans Steamboat Company bietet diverse Touren an.

7. Hautnah Alligatoren in den Sümpfen erleben
Nur eine halbe Stunde von New Orleans entfernt befinden sich riesige Sümpfe – was für ein Kontrast zu dem quirligen Stadtleben. Grün so weit das Auge reicht, ein Labyrinth von Wasserstrassen voller Leben – z. B. voller Alligatoren. Die schlammig-grünen Kreaturen werden mit Marshmallows (ein Horror für jede Tierschützerin, ich weiss) ans Boot gelockt. Auch Biber und Schwarzbären lassen sich wohl ab und zu sehen – ganz zu schweigen natürlich von den unzähligen Vogelarten, allen voran Ibis und Reiher. Diverse Anbieter bieten «Swamp Tours» mit verschiedenen Booten an – definitiv lohnend.


In den Sümpfen von New Orleans geht unser Guide auf Tuchfühlung mit einem Alligator.
8. Auf einer Plantagentour in die Geschichte eintauchen
Nur eine Stunde ausserhalb von New Orleans kann man entlang des Mississippi verschiedene Plantagen aus der Zeit vor dem Sezessionskrieg besichtigen. Stattliche Herrenhäuser zeugen vom Reichtum der Grossgrundbesitzer um die Mitte des 19. Jahrhunderts. Ihre Sklaven verluden Baumwolle, Zucker und Indigo auf Dampfschiffe, die quasi vor ihrer Haustüre anlegten. Auf unserer Reiseroute lag das Houmas House mit wunderschöner Gartenanlage und ebenso schönem Herrenhaus, das aufwändig renoviert wurde und in manchem Südstaatenfilm vorkommt – zuletzt in «The Green Book».

9. Auf einer der weltweit längsten Brücken über den Lake Pontchartrain fahren
Eine ganz andere Seite von New Orleans lässt sich nördlich der Stadt entdecken: Hier liegt der riesige Salzwassersee Lake Pontchartrain (64 Kilometer lang, 40 Kilometer breit), der im Osten mit dem Golf von Mexiko verbunden ist. Seine Wassermassen verwüsteten New Orleans am 30. August 2005, als Hurrikan Katrina über die Stadt zog und die Deiche brachen. Unvorstellbare Mengen an Seewasser ergossen sich in die Stadt – die wohlgemerkt zum grossen Teil unter dem Meeres- und Seespiegel liegt.

Über eine 38 Kilometer lange, auf Stelzen gebaute Brücke führt der Lake Pontchartrain Causeway auf die jeweils andere Seite des Sees. Wir verbrachten eine Nacht in Mandeville im super hübschen de la Bleau B&B und genossen unseren letzten Abend in dem relaxten Dörfchen mit toller Seepromenade und hübschen Restaurants – fantastischer Sonnenuntergang inklusive.

10. Rausfinden, wofür NOLA steht
Jedes Gadget, T-Shirt, auf Bussen, Gebäuden – überall steht dieses NOLA. Es brauchte eine Zeit, bis wir rausfanden, wofür es steht… New Orleans, LA (für Lousiana) – ganz einfach!
Weitere Informationen
Reisetipps: Die USA sind sehr gut mit dem Mietwagen zu bereisen. In New Orleans selbst waren wir allerdings ohne Auto unterwegs. Das Stadtzentrum lässt sich super zu Fuss und per Strassenbahn erkunden. Die Ausflüge in die Sümpfe waren organisiert – Transfer inklusive.
Buchungstipp: Gebucht hatten wir im Reisebüro meines Mannes Tomi, bei b&b travel in Zürich. Tomi ist absoluter USA-Kenner, hat 3 Jahre als Reiseleiter dort gearbeitet und organisiert und führt regelmässig Reisen in die USA.
Buch-/Film-/Hörtipp: Als Leseratte hatte ich schon als Kind «Wer die Nachtigall stört» (1960) nicht aus der Hand legen können. Harper Lee beschreibt unglaublich spannend, wie die sechsjährige Scout Finch im Alabama der 1930er-Jahre nach einem Mord und Gerichtsfall die Realität in den Südstaaten kennenlernt – voller Rassismus und Vorurteile.
Als Filmfan hatten sich später «Vom Winde verweht» (1939), «Fried Green Tomatoes» (1991) oder «The Help» (2011) mit ihrer ganz besonderen Stimmung, den Magnolien- und moosbewachsenen riesigen Bäume in mein Gedächtnis eingebrannt.
Ein Supertipp für alle USA-Liebhaberinnen ist der Bayern 2-Podcast 50 States. Dirk Rohrbach bereist die USA abseits der ausgetretenen Pfade – mit Fahrrad, Boot oder Camper. Er interviewt skurrile Typen, erlebt grosse Herzlichkeit und gibt seine ganz persönlichen Empfehlungen.