London – yeah baby!

London – yeah baby!

Eines gleich einmal vorweg. Seit meinem ersten Besuch in London bin ich ein großer Fan, wie es dann sein kann, dass ich zwanzig Jahre nicht wiedergekommen bin?

Ich kann es mir nur so erklären: andere Länder haben auch hübsche Städte. Und wie kann man sich sicher sein, dass London wirklich so toll ist, wenn man nicht genug Vergleichsmöglichkeiten hat?

Unser Hotel ist in Kensington und für die Lage und den Preis auch erstaunlich komfortabel. Meine Reisebegleiterin drängt gleich darauf die Umgebung zu erkunden und fällt kurz darauf in ein Pub ein, weil sie unbedingt Fish & Chips probieren will. Ja, nicht so schlecht. Aber irgendwie passt das Essen für mich besser in ein Papierstanitzl, als auf einen weißen Porzellan-Teller.

Ein Österreicher, den wir kennenlernen, erzählt uns, dass er als Uni-Angestellter hier für ein Zimmer in einer WG fast 2.000 Euro bezahlt. Nun ja, auswandern wollte ich eh nicht gleich, aber trotzdem.

Harrods DelikatessabteilungWeihnachtsstimmung im Harrods

Wir versuchen unser Glück in einem neuen Pub, mit dem wenig inspirierenden Namen „The Britannia“. Eine echte Entdeckung: Ein Bier namens London Lager, dass uns Fachfrauen zuerst durch sein cooles Design überzeugt. Und schmecken tut es uns auch. Wobei, ich sollte sagen, dass wir beide keine ausgewiesenen Bierliebhaberinnen sind.

Der nächsten Morgen beschert uns eine zauberhafte Teestube gleich ums Eck, wo ich mir erstmals Scones mit Whipped Cream zu Gemüte führe – herrlich! Das Porridge meiner lieben Freundin schaut eher, naja, wie schon einmal gegessen aus. Ist aber sicher super gesund und kalorienarm.

Für den ersten Tag haben wir uns aufs Schauen geeinigt. Wir lernen, dass die berühmten Telefonhäuschen nicht nur rot sind, dass wir modisch in Österreich wirklich hinter dem Mond leben und die Engländer ein Faible für sehr bunte Süßigkeiten haben.

Dann machen wir ernst und entern Harrods. Früher hat man im Untergeschoss sogar Löwen kaufen können, heute werden, ganz zivilisiert, Whisky und Zigarren angeboten. Ich werde bei den Lebensmitteln schwach: Stilton in Madeira muss es als Mitbringsel sein, auch sonst ist das Angebot unglaublich, allerdings auch der Andrang.

Millenium Brücke

Ich will mir das gar nicht zu Weihnachten vorstellen. Wir schlendern dann noch durch die verschiedenen Stockwerke, müssen aber leider erkennen, dass wir uns noch nicht einmal einen Aschenbecher leisten können… Hmm.

Mittags fällt unsere Wahl auf indisches Essen. Weil angeblich fast noch besser als in Indien ist. Aber entweder haben wir Pech, oder die Küche liegt uns wirklich nicht.

Der Nachmittag bringt dann einen Ausflug auf der Themse mit sich (den will ich), auf der es im November schon etwas zugig ist. Mich hält das trotzdem nicht ab, ich will zu den berühmten Schleusen.

SchleusenSchleusen

Der Weg dorthin führt uns entlang der alten Hafenanlage, die heute Luxus-Wohnungen beherbergt. Wir kommen auch an einem kleinen Strand vorbei und ich schwöre, da liegen Londoner, die sich in der nicht vorhandenen November-Sonne baden.

Luxuswohnen an der Themse

Früher wurde London immer wieder von unangenehmen bis gefährlichen Hochwässern heimgesucht, bis in den 80ern entschieden wurde die Schleusen, genannt Thames Barrier, zu bauen. Und die sind ein monströses Wunderwerk der Ingenieurskunst.

Übrigens ist kurz nach der Fertigstellung ein Jahrhundert-Hochwasser gekommen, die Investition hat sich also gelohnt. Es ist jetzt wirklich kalt und nur noch eine Tasse Tee kann uns retten.

Tag zwei sollte eigentlich mit einer Besichtigung des Towers beginnen, aber Menschenmassen und ein horrender Eintrittspreis halten uns dann davon ab.

Wir beschließen den Camden Market zu erkunden. Das kulinarische Angebot ist extrem vielfältig, es gibt sogar Jerked Chicken aus Jamaika. Mir kommt vor, dass hier vor 20 Jahren schon genau die gleichen Kleidungsstücke und Schmuck verkauft wurden wie heute. Die könnten wir uns zwar leisten, wollen aber nicht.

Mittags machen wir wieder ein kulinarisches Experiment, diesmal geht es nach Chinatown. Zum Glück bemerkt meine Begleiterin nicht, dass die kleinen orangefarbenen Schweine, die in den Restaurants hängen echt sind. Ich kann zum Essen einfach nur wow sagen. Dim Sum vom Feinsten.

Danach geht es gleich gut weiter. Zu meinem persönlichen Lieblingsplatz in London. Den Temple-Bezirk. Mitten in der Stadt gelegen, völlig aus der Zeit gerissen, ist er heute Sitz einer der vier englischen Anwaltskammern und der berühmten Temple-Church, die nach dem Vorbild der Grabeskirche in Jerusalem erbaut wurde. Bis heute sind hier die Grabmäler von verschiedenen Tempelrittern zu bestaunen.

Temple-ChurchTemple-Church

Abends ziehen wir durch verschiedene Pubs und Clubs und stellen fest, dass es hierzulande sehr attraktive Transvestiten gibt, das Bier im In-Bezirk Soho echt teuer und man als Raucher zwangsweise unheimlich viele andere Raucher, die ebenfalls vor dem Lokal stehen, kennenlernt.

Einen weiteren versteckten und unentdeckten Winkel gibt es gleich bei uns ums Eck am nächsten Morgen: Roof Gardens, gleich an der Kensington High Street.

Roof GardenRoof Garden

Hier hat ein im besten Sinne exzentrischer Engländer, in den Dreißigerjahren, einen Garten auf seinem sechsstöckigen Haus anlegen lassen. Noch heute ist er in all seiner Pracht, inklusive Flamingos, kostenlos zu besichtigen.

Flamingis Roof Garden

Wir beide wollen uns die Tate Modern nicht entgehen lassen. Ich, weil es sie beim letzten Besuch noch nicht gegeben hat und ich einen der Architekten einmal kennenlernen durfte, meine Freundin, weil es ein Zimmer nur mit Bildern ihres Lieblingsmalers gibt: Mark Rothko. Architektonisch ist das Gebäude wirklich unglaublich, der Rothko-Raum ebenfalls und der Ausblick auf die Millenium-Bridge sowieso.

Unseren letzten Abend beschließen wir mit der „Jack the Ripper“-Tour (15 Euro pro Person). Sie führt uns zu allen Schauplätzen der Taten, also eigentlich nur noch zu den geographischen Orten, denn die Häuser von damals sind entweder im 2. Weltkrieg zerstört oder danach abgerissen worden.

In jedem Fall ist die Tour sehr spannend und lustig, natürlich wahnsinnig kalt und man entdeckt die einzige original erhaltene Straße in Whitechapel. Und erkennt sofort, dass genau in dieser Gasse so ziemlich jeder Film, der im Viktorianischen Zeitalter spielt, gedreht wurde.

Der restaurierte Covent Garden, mit seinen vielen kleinen Boutiquen, lässt uns wieder etwas Wärme zukommen. Danach stiefeln wir in eines der ältesten Londoner Pubs, das „Old Bell Tavern“.

Pub Old Bell TavernPub Old Bell Tavern

Die Frage nach London Lager wird damit beantwortet: Bei uns gibt es echtes Bier. Ja, dann muss es halt ein Guinness sein. Mir geht es wie immer, ich hab das Gefühl, ich müsste auf dem Getränk herumkauen. Dafür ist das Publikum wirklich spannend. Anzugträger treffen hier auf Touristen und wir sehen sogar den einen oder anderen echten Cockney – verstehen tun wir sie allerdings nicht.

Zwanzig Jahre danach kann ich meinen ersten Eindruck bestätigen. London ist meine absolute Lieblingsstadt und ich verspreche mir, nicht wieder 20 Jahre bis zum nächsten Besuch verstreichen zu lassen.

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